Adolf Bremer kam am 19. Oktober 1906 als Sohn des Zigarettenarbeiters Conrad Friedrich Bremer und seiner Mutter Sophia Katharina Bremer, geb. Borchers, in Osterholz-Scharmbeck zur Welt. Vier Jahre später wurde seine Schwester Anna Bremer geboren, die 1935 Georg Oldenbüttel heiratete. Die Familie Bremer wohnte in der Sandbergstr.286 (ab den 30-iger Jahren Sandbergstr.27).
Adolf Bremer erlernte den Beruf des Tischlers. Ende Mai 1928 meldete sich Adolf Bremer aus Osterholz-Scharmbeck ab, um sich 3 Monate später, aus Magdeburg kommend, wieder unter der Anschrift Sandbergstr.286 anzumelden. Bei seiner Abmeldung im Mai wird im An- und Abmeldungsbuch der Stadtverwaltung Osterholz-Scharmbeck als Berufsstand Tischler genannt, bei seiner Rückkehr gab Bremer als Berufsstand Missionsgehilfe an. Adolf Bremers Aufenthalt in Magdeburg und die Änderung seines Berufsstandes lässt die Vermutung zu, dass er den religiösen Vorstellungen der Ernsten Bibelforscher* nahestand, die ihre deutsche Zentrale 1928 in Magdeburg hatten. 1930 verstirbt sein Vater, seine Mutter wohnte weiter in der Sandbergstr.27. (1)
Aus Unterlagen des Niedersächsisches Landesarchivs geht hervor, dass Adolf Bremer 1935 zwangssterilisiert wurde, dazu fand ein Verfahren vor dem Erbgesundheitsgericht in Verden statt. Am 21.8.1937 wurde Adolf Bremer in die Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg aufgenommen. Bevor er in die Heil-und Pflegeanstalt gebracht wurde, war Bremer ins Kreiskrankenhaus gekommen. Dort attestierte ihn der zuständige Amtsarzt, dass er unter Fallsucht leide und dass er gemeingefährlich wäre, so dass die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt schleunigst erfolgen müsste.
Die Diagnose der Gemeingefährlichkeit, verbunden mit einer an den Tag gelegten störenden Unruhe bzw. Erregbarkeit, wurde allerdings häufiger von Ärzten gestellt, die den Geisteszustand von Menschen untersuchten, die sich zu den Ernsten Bibelforschern bekannten. Die Widerstandshaltung gegen die NS-Herrschaft wurde so zu einer Geisteskrankheit erklärt, die zur Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt führte.(2) Dass die mögliche Zugehörigkeit zu den Ernsten Bibelforschern bei Adolf Bremer ein Anlass zur Einweisung in die Heil- und Pflegeanstalt in Lüneburg war, ist eine naheliegende Vermutung, insbesondere da im sogenannten Charakteristik-Bogen, der im Niedersächsischen Landesarchiv unter der Signatur: Hann.155 Lüneburg Acc.2004/066Nr.07634 vorliegt, kein Ursprungsgrund für die festgestellten Störungen bzw. Erkrankungen genannt werden. In dem Bogen werden auch keine Angehörigen bzw. Betreuer benannt.
Am 7.3.1941 wurde Adolf Bremer zusammen mit 119 weiteren männlichen Patienten in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein verlegt. Nach einem Fußmarsch durch die Lüneburger Innenstadt mussten sie im Lüneburger Bahnhof in zwei Waggons, die man an einen zivilen Zug angehängt hatte, steigen. Bei Ankunft in Pirna-Sonnenstein am 7. oder 8.März wurden die Männer direkt ermordet. (3) Die Deportation der Insassen der „Heil- und Pflegeanstalt“ Lüneburg erfolgte im Rahmen der sogenannten Aktion T4, die als Tarnbezeichnung für den Massenmord von Geisteskranken und Behinderten diente. Die Bezeichnung T4 stand für die Anschrift einer Villa in Berlin, in der Tiergartenstr.4, in der die Massenmorde geplant wurden.
(1) vgl.: Kreisarchiv Osterholz, Geburtsregister Scharmbeck 22.10.1906 und An- und Abmeldebuch/Protokollbücher Band 75 der Stadtverwaltung Osterholz-Scharmbeck
(2) vgl.: Elke Imberger, Widerstand „von unten“, S.358, Neumünster 1991
(3) vgl.: Niedersächsisches Landesarchiv: Hann.155 Lüneburg Acc.2004/066 Nr.07634
*Ernste Bibelforscher später Zeugen Jehovas
Das Bild von Adolf Bremer stammt aus dem Bestand des Niedersächsischen Landesarchivs: Hann.155.Lüneburg Acc.2004/066 Nr.07634
Informationen zur Pirna-Sonnenstein
http://www.stsg.de/cms/pirna/startseite
Informationen zur Euthanasie-Gedenkstätte Lüneburg
http://www.pk.lueneburg.de/gedenkstaette
Die Audio Datei ist 2023 von Schülern und Schülerinnen der IGS Osterhoz-Scharmbeck (Forder-AG und Deutsch E-Kurs/Jg. 13) erstellt und auf der Webseite „Wider das Vergessen“ https://www.tanjakoenig.de/veröffentlicht worden.
Veröffentlicht am 7. September 2020Diese Seite wurde zuletzt am 28. Februar 2023 geändert