Das Arbeitslager Teufelsmoor

Arbeitslager Teufelsmoor
1. April 1934

 

1934 richtete die Bremer Wohlfahrtsbehörde im Teufelsmoor ein Arbeitszwangslager für sogenannte „Gemeinschaftsfremde“ und „Asoziale“ ein, die unter menschenunwürdigen Bedingungen für die Turba Torfindustrie Bremen Torf abbauen mussten. Die Firma hatte u.a. die Moorflächen des Kreistorfwerkes Osterholz gepachtet. Der größte Anteilseigner des Kreistorfwerkes war neben einigen Landwirten der Kreis Osterholz

Das Arbeitszwangslager Teufelsmoor war ausschließlich für Männer bestimmt. Die dort internierten Häftlinge lebten anfangs in zwei Holzbaracken, in denen im 1.Weltkrieg russische Kriegsgefangene untergebracht waren. Wegen der Baufälligkeit der Baracken wurde in den folgenden Jahren ein Verwaltungsgebäude mit Einzelzelle, zwei Baracken für Insassen und ein Schuppen für Vorräte errichtet.

In einem Vertag über den Ausbau des Lagers zwischen der Bremer Behörde für Wohlfahrt und der Turba aus dem Jahr 1938 heißt es zum Ausbau des Lagers:

„In Abänderung bzw. Ergänzung der früheren Verträge wird zwischen den Parteien folgende Vereinbarung geschlossen. Da die Unterbringung der Zwangsarbeiter im Arbeitslager Teufelsmoor Sache der Wohlfahrtsbehörde ist, erklärt sich diese bereit, der Turba die Errichtung eines neuen Mannschaftsgebäudes anschließend an das Unterkunftsgebäude der Lageraufsicht durch die Hergabe des vorerwähnten Darlehns von 9000 RM zu ermöglichen.“(1)

Ein reichweites Gesetz zur Frage, wer zum Personenkreis der Gemeinschaftsfremden gehörte, gab es nicht. In einem Schreiben erläuterte die Bremer Behörde für Arbeit ihre Auffassung über den Personenkreis der Gemeinschaftsfremden und Asozialen und schrieb, dass das Absinken der Arbeitslosigkeit die Gruppen der Asozialen deutlich zum Vorschein gebracht hätte. Generell  würde für diese Gruppe gelten, dass sie bewusst oder unbewusst die Volksgemeinschaft ablehnen würden und jede Leistung von Vorleistungen des Staates abhängig machen würden. Weiter heißt es, dass die Auswirkungen dieses krankhaften Ichlebens folgende Auswirkungen nach sich ziehen könnten:

„Arbeitsunwilligkeit, Arbeitsverweigerung, Unterhaltsentziehung, Unwirtschaftlichkeit, Hemmungslosigkeit (verschiedenster Art), Trinken, Betteln und Hausieren sowie Störung des Gemeinschaftslebens oder Verwahrlosung der Kinder.“(2)

Außerdem würden zum Kreis der Gemeinschaftsfremden/Asozialen Geisteskranke und Personen gehören, die aus innerster Überzeugung volksfeindliche Elemente (antisozial) wären. Gegen diese Gruppe von Menschen müsste die Volksgemeinschaft durch den Staat geschützt werden und die entsprechenden Maßnahmen richteten sich danach, ob Personen als besserungsfähig, besserungsunfähig oder gemeingefährlich eingestuft werden würden.

Bis 1938 wurden 280 Männer im Teufelsmoor interniert. Davon galten 105 als säumige Unterhaltszahler, 98 Personen als sogenannte Arbeitsscheue und 77 als entmündigte Trinker.

Für den  Lagerführer  Röhrs waren die Insassen Elemente und aus diesen Elementen, die Simulanten, Arbeitsscheue und Trinker wären, sei es schwierig, eine disziplinierte Arbeitskolonne zu formen. Vielen Eingewiesenen müsste erst einmal die böswillige Abneigung gegen körperliche Arbeit abgewöhnt werden. Dies wäre insbesondere bei den eingewiesenen Trinkern der Fall, so hätte ein vom Alkohol entnervtes Exemplar den Herrgott angefleht, ihn vom Übel der Arbeit zu erlösen, und weiter stellte Röhrs gegenüber dem Wohlfahrtsblatt der Freien Hansestadt Bremen fest:

„Andere, ähnlich geartete Insassen machen in seelischen Depressionen, Nervenschmerzen und sonstigen Dingen, um sich vor der Arbeit zu drücken … bis unserem tüchtigen Lagerarzt der … Geduldsfaden reißt, und er der ewigen Litanei körperlicher Defekte ein … Ende bereitet. Glücklicherweise haben wir gelernt, solche Gestalten individuell zu behandeln und sie freundlich auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Dass hierzu die Methoden einer Sonntagsschule nicht geeignet sind, dürfte verständlich sein. … Ebenso kann man jemandem nicht gut ins Gewissen reden, der keines mehr hat.“(3) Ein weitere Einrichtung in der sogenannte „Gemeinschaftsfremde“ untergebracht wurden, war die Wohungsfürsorgeanstalt in Hashude.http://www.spurensuche-bremen.de/spur/auffanglager-der-nazis/

Im Laufe des Krieges sank die Zahl der eingesetzten „Arbeitsscheuen“ im Teufelsmoor. Anfang Dezember 1941 waren noch 34 Männer dort interniert. Davon waren nur vier von der Bremer Stadtverwaltung eingewiesen worden, so dass Ende 1941 das Lager Teufelsmoor geschlossen wurde. Ein weiterer Grund für die Schließung des Lagers war lt. der Behörde für Wohlfahrt, dass es schwierig wäre, geeignetes Personal zu bekommen, um die Betreuung und Beaufsichtigung der Insassen sicherzustellen.

Ab 1942 setzten die Turba-Torfwerke sowohl Kriegsgefangene als auch Zwangsarbeiter für die Torfgewinnung ein. In einem Schreiben des Bürgermeisters Müller aus der Gemeinde Teufelsmoor heißt es, dass im Teufelsmoor Nr.63 rd. 120 Personen (Franzosen und Russen) und  im Teufelsmoor Nr.8 ca. 50 Serben bei den Turba-Torfwerken arbeiten mussten.(4)

In einer Auflistung der Niedersächsischen Gedenkstättenstiftung, zum Einsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen, ist nachzulesen, dass ein Kommando des Stalag XB-Sandbostel (Nr.5568) für die Turba-Torfwerke im Teufelsmoor Nr. 63  zum Einsatz kam. Die Größe des Kommandos wird mit 40-60 Personen angegeben.

Aus Listen der AOK/Landkreis Osterholz geht hervor, dass auch Zwangsarbeiter* verschiedener Nationalitäten durch die Turba-Torfwerke eingesetzt wurden. Dabei kamen u.a. die russischen Zwangsarbeiter Andrei Owerkin (geb. 15.6.1908- gest. am 21.3.1943)  und Pawel Schelnpow (9.3.1898 gest. am 30.7.1942) um. (5)

In einer Meldung der Polizei Osterholz  aus dem Jahr 1949 wird das Lager der Turba-Torfwerke ab 1944 auch als Straflager bezeichnet. (6)

Autor: Manfred Bannow

Anm.

(1) Bremer Staatsarchiv:  Bestand 4,13/1-W.3- Vertrag zwischen dem Bremer Staat und der „Turba“ Torfindustrie G.m.b.H. Bremen vom 17.11.1938

(2)Wohlfahrtsblatt der Freien Hansestadt Bremen Jg. 1936/Nr.1

(3)Bremer Staatsarchiv: Bestand 4,13/1-W.3.-No.30

(4) ITS Arolsen: Schreiben der Gemeinde Teufelsmoor an den Landkreis Osterholz vom 27.10.1949

(5) ITS Arolsen: AOK-Listen für den Landkreis Osterholz, Sterbeurkunde Andrei Owerkin vom 22.1.1943 und Liste von Todesfällen, die in den Büchern der Kirchengemeinde der Gemeinde Scharmbeck verzeichnet sind.

(6) Nieders. Landesarchiv: NLA Stade Rep.180 p Nr.1666

Weiterführende Literatur:

Wolfgang Ayaß „Asoziale“ im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995

  • nicht zu verwechseln mit den internierten sogenannten Asozialen, die in Schreiben der Bremer Wohlfahrtsbehörde auch als Zwangsarbeiter bezeichnet wurden.

 

 

 

Veröffentlicht am

Diese Seite wurde zuletzt am 4. März 2022 geändert

Ein Hinweis zu “Das Arbeitslager Teufelsmoor”

  1. John Gerardu sagt:

    Die Wohlfahrtsbehörde in Bremen hatte in den 30-Jahren mehrere Fürsorgeanstalten eingerichtet, in dem sog. „a-soziale“ Familien wohnen sollten. Die Männer in der Anstalt, die übrigens bewacht und umzäunt war, sollten eine geregelte Arbeit nachgehen. Weigerten sie sich, wurden sie ins Arbeitslager im Teufelsmoor geschickt.

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