Das Bauunternehmen Gottfried Stehnke/Osterholz-Scharmbeck

Koning Sterbe
Koning KZ
Koning Grab
Drab Melde
Timmermann 2
Semenjuk
Denis 1

 

Das Unternehmen Gottfried Stehnke wurde 1868 in Osterholz-Scharmbeck gegründet. 1932 übernahm Gottfried Stehnke /Junior von seinem Vater die Geschäftsleitung. Zwischen 1939 und 1945 mussten Zwangsarbeiter/innen verschiedener Nationalitäten für die Firma Stehnke arbeiten. In der Entnazifizierungsakte von Gottfried Stehnke heißt es, dass er bis 1943 vom Wehrdienst zurückgestellt war, da seine Firma an wehrwirtschaftlich wichtigen Bauten mitwirken würde.

Das zentrale wehrwirtschaftliche Projekt, an dem die Firma Stehnke mitarbeitete, war das Tanklager der „Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft mbh“, abgekürzt Wifo, im Heide- und Waldgebiet zwischen Farge und Blumenthal. Nach dem Kauf des Gebietes für ca. 3 Millionen Reichsmark begann der Bau 1938. Das Projekt erhielt den Tarnnamen Wasserberg. Die hauptverantwortliche Baufirma war die Berliner Gottlieb Tesch GmbH. Verschiedene Firmen wirkten an dem Bau mit, u.a. die Elektrokonzerne AEG und Siemens-Schuckert AG, der LKW-Hersteller Büssing und die Baufirma Grün u. Bilfinger. Hinzu kamen regional tätige Firmen, wie z.B. Beton- und Monierbau Carl Brandt, das Bauunternehmen August Reimann, die Firma Kieserling und wie aus einem Prüfungsbericht der Baustelle aus dem Jahr 1943 hervorgeht, die Firma Gottfried Stehnke. In dem Bericht hieß es, dass die Firma Stehnke noch 958.007 RM in Rechnung zu stellen hätte. (1)

Aus verschiedenen Unterlagen, Listen der Allgemeinen Ortskrankenkasse Kreis Osterholz, Unterlagen der Invalidenversicherung und Melderegisterkarteien im Bremer Staatsarchiv geht hervor, dass Zwangsarbeiter der Firma Stehnke beim Bau des Marinetanklagers eingesetzt wurden und im Lager Tesch untergebracht waren.  Das Lager Tesch entstand 1938. Es bestand aus 15 Holzbaracken und war ursprünglich für deutsche Bauarbeiter gedacht. Ab 1938 kamen tschechische Zwangsarbeiter hinzu, ab 1940 Zwangsarbeiter aus den Niederlanden, Frankreich und Belgien. Ab 1942 wurden im Lager Tesch auch polnische Zwangsarbeiter untergebracht. Die meisten Zwangsarbeiter/innen, die bei der Firma Stehnke arbeiten mussten, waren Männer und stammten aus den Niederlanden, Belgien und der Tscheslowakei. Dazu kamen einige wenige Franzosen, Italiener, Polen und Russen.

Lucas Koning/Niederländer

Lucas Koning, geb. am 6.3.1923, war Zwangsarbeiter bei der Firma Stehnke und im Lager Tesch untergebracht. Bis 1945 war Koning vermutlich in verschiedenen Lagern interniert. In einer Sterbeurkunde aus dem Jahr 1946 steht, dass Koning, geb. in Sonnega in Holland, in Bremen-Blumenthal am 16.4.1945   verstorben ist. Aus Nachkriegsunterlagen geht hervor, dass Koning  vermutlich im KZ Bremen-Blumenthal, einem Außerlager des KZ Neuengamme, umkam. Lucas Koning ist auf dem Friedhof Bremen-Farge/Rekum in einem Massengrab beerdigt worden.

Wenzel Drab/Tscheche

Der Tscheche Wenzel Drab, geb. am 4.9.1902, wohnte bis zu seiner Deportation in der Nähe von Prag. Wenzel Drab war verheiratet. In der Meldekartei aus dem Bremer Staatsarchiv steht, dass Drab am 20.2.1940 ins Lager Tesch kam. Von Beruf war Drab Maurer und musste für die Firma Stehnke arbeiten. Es gibt keine Hinweise, dass Drab bis zu seinem Tod zwischenzeitlich in einem anderen Lager untergebracht war. Wenzel Drab starb am  11.9.1944 um 14.45 Uhr im Haus Reddersen, Luisental 5, Bremen. Beim Haus Reddersen handelte es sich ursprünglich um eine Pflege- und Erziehungsanstalt für geistig und körperlich behinderte Kinder- und Jugendliche. Im Jahr 1939 wurde das Haus Reddersen aufgelöst und als Hilfskrankenhaus dem St.Joseph-Stift übergeben. Zwischen 1944 bis Mai 1945 kamen gut 1000 nicht mehr arbeitsfähige Zwangsarbeiter/innen verschiedener Nationalitäten ins Haus Reddersen. Eine Schwester, die in diesem Zeitraum dort arbeitete, erinnerte sich: „Sie waren alle so elend und ohne Hoffnung … und sie hatten Angst, als sie zu uns kamen“. (2)

Floriand de Timmermann und Artur de Tage/Belgier

Die einzige Auskunft der Firma Stehnke über eingesetzte Zwangsarbeiter ist eine „Stammrolle über die bei Firma Gottfried Stehnke, Osterholz-Scharmbeck, Koppelstrasse, seit dem 3.9.1939 beschäftigten Angehörigen der Vereinten Nationen.“  Danach war der letzte Wohnort von de Timmermann und Artur de Tage die Koppelstr.31, der Firmensitz der Firma Stehnke. Beide wären nach Auskunft der Firma in die Heimat zurückgekehrt. Während zu Arthur te Tage keine Melderegisterkartei auffindbar ist, gibt es bei de Timmermann die Auskunft, dass de Timmermann 1941 als erstes in einem Gemeinschaftslager in Heißenbüttel gelebt hat.

 Familie Michael und Anna Semenjuk/Russin

Lt. Melderegisterkartei kamen Michael und Anna Semenjuk 1943 ins Baulager der Wifo, eine andere Bezeichnung für das Lager Tesch. Michael Semenjuk wurde am 15.11.1888 geboren, Anna Semenjuk am 11.11.1887. Als Nationalität wird im Melderegister polnisch angegeben. In der Liste der bei Stehnke eingesetzten Zwangsarbeiter/innen wird Anna Semenjuk unter der Nationalität Russin geführt. Ihr Ehemann taucht in den Angaben der AOK für die Firma Stehnke nicht auf.  Das Ehepaar muss zu mindestens ein Kind gehabt haben, das nach 1922 geboren worden ist. Genauere Angaben zu dem Kind sind auf Grund des Datenschutzes in der Kopie Melderegisterkartei geschwärzt. Über das Schicksal der Familie ist bisher nichts weiter bekannt und auch die Frage, wo der Ehemann von Anna eingesetzt wurde, ist noch offen.

Charles Denis/Franzose

 Charles Denis, geb. 15.10.1917, war einer der wenigen Franzosen, die im Lager Tesch interniert waren und zeitweise für die Firma Stehnke arbeiten mussten.Aus einem Lager in Bremen Grohn kommend war Charles Denis spätestens ab Ende 1942 im Lager Tesch untergebracht. Bevor er dort hinkam, muss er kurz im Polizeigefängnis in Bremen inhaftiert gewesen sein.  Ende 1942 war er für knapp 3 Wochen im Krankenhaus in der St.Jürgen-Str.. Bis mindestens März 1944 war Charles Denis im Lager Tesch.  Wahrscheinlich war er zwischenzeitlich auch im Arbeitserziehungslager Neuenkirchen inhaftiert. Sein weiteres Schicksal ist bisher ungeklärt.

Candido Sella/Italiener

Der am 15.11.1904 geborene Italiener Candido Sella war ebenfalls Zwangsarbeiter bei der Firma Stehnke. Er lebte allerdings nicht im Lager Tesch, sondern im DAF-Gemeinschaftslager in Ritterhude. Hier waren auch einige wenige Zwangsarbeiter der Firma Stehnke interniert. So geht aus einer Stärkemeldung für das Lager aus dem Jahr 1943 hervor, dass u.a. die Firma Stehnke 2 Belgier, 1 Franzosen und 5 Italiener im DAF-Gemeinschaftslager untergebracht hatte. Zu diesem Zeitpunkt mussten 802 Personen im Lager leben, neben den eben genannten Zwangsarbeitern der Firma Stehnke 663 Tschechen, 110 sogenannte Reichsdeutsche, 18 Ostarbeiter für die Gemeinde Ritterhude, 1 Zwangsarbeiter/Italiener für die Firma Volger aus Osterholz-Scharmbeck und 1 ital. Zwangsarbeiter der Fa. Lürssen aus Ritterhude.

(1) Bundesarchiv Berlin R125/461: Bericht über die Baustellenprüfung Großtanklager Farge vom 16-18.6.1943

(2) Gerda Engelbracht, Das Haus Reddersen, S.58-60, Bremen 1995

Die Listen der AOK Landkreis Osterholz sind im Online-Archiv des ITS Archivs Bad Arolsen einsehbar (u.a. über die Eingabe des gesuchten Namens).

Verf.: Manfred Bannow

 

 

 

 

 

 

Veröffentlicht am

Diese Seite wurde zuletzt am 13. November 2023 geändert

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