Henryk Sienkiwicz – polnischer Zwangsarbeiter in Stendorf/Achterstr.7
Am 1.12.1942 schreibt der Landrat des Kreises Osterholz Waldemar Becker an die Gestapo in Bremen:
„…betr. Henryk Sienkiwicz, Stendorf.
Ich habe gegen den oben Genannten bereits des öfteren Zwangsgeldverfügungen wegen Übertretung der Polizeiverordnung über das Verhalten der im Regierungsbezirk Stade eingesetzten Zivilarbeiter polnischen Volkstum festgesetzt. Sämtliche Strafen haben bisher ihren Zweck nicht erfüllt, denn am 27.11.1942 wurde Sienkiwicz wiederum wegen Übertretung der vorgenannten Polizeiverordnung zur Anzeige gebracht. Da nunmehr eine erneute Zwangsgeldfeststellung zwecklos ist, bitte ich gegen Sienkiwicz mit staatspolizeilichen Maßnahmen vorzugehen….“
Die Grundlage der Polizeiverordnung des Regierungsbezirkes Stade waren die sogenannten Polenerlasse aus dem Jahr 1940. Darin wurde u.a. festgelegt, dass die polnischen Zwangsarbeiter den Buchstaben P an ihrer Kleidung zu tragen hatten. Außerdem durften sie den zugewiesenen Wohnort nicht verlassen, keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen und private Kontakte zwischen Deutschen und Polen waren verboten.
Ende Januar 1943 wird Henryk Sienkiwicz ins Polizeigefängnis Bremen überführt.
Drei Monate später, im April 1943, erfährt der Landwirt Karl Murken, auf dessen Bauernhof in Stendorf Sienkiwicz vor seiner Festnahme gearbeitet hatte, dass mit einer Freilassung in absehbar Zeit nicht zu rechnen wäre, da Sienkiwicz in ein Konzentrationslager überführt worden wäre.
Über das weitere Schicksal von Henryk Sienkiwicz ist bisher nichts bekannt.
Aus: Niedersächsisches Landesarchiv/Stade, Rep.274 Osterholz Nr.43. Polizeiverordnungen und Verfolgung von Straftaten im Landkreis Osterholz
Autor: Manfred Bannow
Veröffentlicht am 13. April 2021