Ab Oktober 1942 bis Oktober 1943 war ein tschechisches Arbeitsbataillon im sogenannten Sandberglager (Gemeinschaftslager in Ritterhude Am Großen Geeren) untergebracht. Die Deportation junger Tschechen zur Zwangsarbeit nach Deutschland begann 1939. Ab 1942 kam es immer mehr zu Massentransporten tschechischer Staatsbürger ins deutsche Reich, die auf der Grundlage von Dienstverpflichtungsbescheiden stattfanden. Eingesetzt wurden die tschechischen Zwangsarbeiter in untergeordneter Arbeit in deutschen Fabriken, in der Landwirtschaft, bei der Eisenbahn, beim Bau von Befestigungsanlagen, beim Bunkerbau und bei Aufräumarbeiten nach Luftangriffen. (1)
In einer sogenannten Stärkemeldung vom 7.1.1943 heißt es, dass das Gemeinschaftslager Ritterhude mit 802 Personen belegt sei und zwar mit: 2 Belgiern, 1 Franzosen, 8 Italienern, 18 Ostarbeitern, 110 Reichsdeutschen und 663 Tschechen.
Eine erste Registrierung fand für die meisten tschechischen Zwangsarbeiter auf einem Truppenübungsplatz in Baumholdern, einem Ort in Rheinland-Pfalz, statt. Dort wurden sie in sogenannte Baubataillone aufgeteilt, die als Militäreinheit dem Kommando der Wehrmacht unterstellt waren. Die meisten in Ritterhude stationierten Tschechen kamen dann im Oktober 1942 von Baumholdern ins Sandberglager. Kommandeur des in Ritterhude eingesetzten tschechischen Baubataillons L 12 war Hauptmann Hornborstel.
In Ritterhude angekommen wurde das sogenannte Baubataillon unterschiedlich eingesetzt, u.a. beim Bunkerbau und bei der Beseitigung von Bombenschäden in Bremen. Auch in Ritterhude kamen die tschechischen Zwangsarbeiter beim Bunkerbau zum Einsatz. Die Gemeinde Ritterhude musste z.B. im Mai 1943 für geleistete Arbeitsstunden des Baubataillons 1161,40 Reichsmark zahlen.
Innerhalb des Lagers kam es lt. Lagerleitung wiederholt zu mutwilligen Beschädigungen. Danach waren Lieferwagen des Lagers sabotiert oder Toilettenräume zerstört worden. Dafür verantwortlich machte die Lagerleitung tschechische Lagerinsassen. (1)
Am 15. August 1943 wurde das Arbeitsbataillon von Ritterhude nach Ludwigshafen verlegt. Die meisten tsch. Zwangsarbeiter wurden dort bei den IG Farben eingesetzt. 1983 besuchte der in Ritterhude eingesetzte tschechische Zwangsarbeiter Zdenek Fabera Bremen und die Gemeinde Ritterhude. Er erinnerte sich gegenüber dem Weser-Kurier:
„ Wir hatten Angst…„Unsere Kompanie wurde in Ritterhude stationiert… von hier reisten wir täglich im Sonderzug zu den jeweiligen Arbeitsstellen. Und dann kam das Inferno der Luftangriffe. Wir verloren Kameraden… und dann auf dem Bremer Hauptbahnhof beim Warten auf unseren Sonderzug – die verschlossenen Güterwaggons mit den stacheldrahtbeschlagenen Fenstern, dahinter die verstörten Gesichter der Menschen, die in Konzentrationslager abtransportiert wurden.“(3)
Autor: Manfred Bannow
Anm.:
(1) vgl.: Stephan Posta, Tschechische „Fremdarbeiter“ in der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft“, Dresden 2002
(2) Bremer Staatsarchiv: Bestand 4,29-1-1283 und ebd. 1285
(3) „Wir waren Hundertausende“ in Weserkurier 27.9.1989
Weiterführende Literatur: Stephan Posta, Tschechische „Fremdarbeiter“ in der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft, Dresden 2002
Veröffentlicht am 23. September 2018
Diese Seite wurde zuletzt am 14. November 2020 geändert