Waldemar Sinasohn, geb. 14. November 1913 in Bremen, wuchs als Sohn von Leopold Sinasohn in Platjenwerbe auf. Er besuchte die Grundschule vor Ort. Nach Beendigung der Schulzeit war er u.a. Lehrling und Verkäufer bei der Nordwestdeutschen Einkaufvereinigung und bei der Firma Georg Brockmeyer. 1938 konnte Waldemar Sinasohn seine Verlobte Franziska Meier nicht heiraten, da er als sogenannter Halbjude keine Arierin ehelichen durfte. In der Reichspogromnacht am 9.11.1938 erschossen SA-Angehörige seinen Vater Leopold Sinasohn in dessen Haus in der Dorfstr.62 in Platjenwerbe.
Vor seiner Verhaftung im Jahr 1944 musste sich Waldemar Sinasohn regelmäßig bei der Gestapo melden. Am 4.8.1944 kam er auf Einweisung der Gestapo in ein OT-Lager (OT – Organisation Todt) in Paffendorf bei Bedburg. Es handelte sich dabei um einen Sondereinsatz im Rahmen der Organisation Todt, für den u.a. politisch Unzuverlässige und Halbjuden interniert wurden. Sinasohn erklärte in seinem Wiedergutmachungsantrag, dass er in einem geschlossenen Transport zusammen mit Halbjuden, wehrunwürdigen Männern und einigen Kriminellen nach Paffendorf/Bedburg transportiert worden sei. Dort erfolgte die Unterbringung in einem Pferdestall auf einem Gutshof (Schloss Paffendorf). Insgesamt diente der Stall als Lager für rd. 300 verhaftete Menschen. Aus Aussagen zu Arbeitslagern in Bedburg, Glesch und Paffendorf geht hervor, dass es sich sowohl um OT-Lager, als auch um Arbeitserziehungslager handelte. Im Schloss Paffendorf hätte es ein kleines Lager ausschließlich für Juden gegeben. Das Lager im Schloss Paffendorf war Bestandteil eines Lagersystems, das in und um die Gemeinde Bedburg durch die Organisation Todt errichtet worden war, um im Jahr 1944 zwischen Bedburg und Glesch einen riesigen Bunker mit dem Decknamen „Biber“ zu bauen, in dem vermutlich rüstungswichtige Betriebe untergebracht werden sollten. Rund 6000 Zwangsarbeiter verschiedener Nationalitäten kamen dabei zum Einsatz. Mit dem Vorrücken der alliierten Streitkräfte erfolgte die Räumung des Lagers in Paffendorf.
Bis Ende April 1945 war Waldemar Sinasohn danach in vier weiteren OT-Lagern interniert. In einem Lager in der Stadt Brilon, einer Stadt im östlichen Sauerland. Lt. Auskunft der Stadtverwaltung aus dem Jahr 1952 betrug die Belegungsstärke dieses Lagers 80-100 Personen, die teilweise in einer Gaststätte und in einem Zelt untergebracht waren,außerdem in einem Lager in der Gemeinde Schwitten/Amt Menden, in Banfe, einem Stadtteil von Bad Laasphe sowie in Röddenau einem Stadtteil der Gemeinde Frankenberg (Eder). Nach eigenen Angaben floh Sinasohn im März 1945 aus dem Lager in Röddenau und hielt sich im Raum Marburg bei seiner späteren Ehefrau auf. Ende April 1945 brachten ihn einrückende US-Soldaten in ein Lazarett. Ab Juni 1945 lebte Waldemar Sinasohn wieder in Bremen.
Quellen/Literatur:
Wiedergutmachungsakte: STAB 4,54-E229
Rolf Rübsam: „Sie lebten unter uns“, Bremen 1988
Uwe Depcik, Bunkerbau in Bedburg
Veröffentlicht am 18. März 2024
Diese Seite wurde zuletzt am 16. Mai 2024 geändert