Wilhelm Kesting – Gemeindevorsteher in Ihlpohl (1919-1950)
Mitte der 30-iger Jahre beschwerten sich der Baumschulenbesitzer Brons und der Landwirt Friedrich Dierksen über die unhaltbaren Zustände in Ihlpohl. Sie wären schon seit Jahren dem roten Terror von KPD und SPD ausgesetzt. Der Ursprung des sogenannten roten Ihlpohls geht auf den Bau einer Kleinhaussiedlung durch die Bremer Siedlungsgesellschaft zwischen 1919-1922 zurück. Diese Siedlung wurde mit Arbeitern und Kriegsinvaliden aus Bremen belegt, so dass sich die Bevölkerungsstruktur Ihlpohls grundlegend änderte. Ihlpohl entwickelte sich so zu einer proletarischen Wohnsiedlung. (1)
1919 begann die Arbeit von Wilhelm Kesting als Gemeindevorsteher in Ihlpohl. Dieses Amt sollte er größtenteils bis 1945 innehaben. Außerdem war Kesting, der SPD-Mitglied war, Mitglied des Kreistages. Im Gegensatz zu Alt-Ritterhude stellte sich für die NSDAP 1933 die Frage, wer Gemeindevorsteher in Ihlpohl werden sollte.
Ende März 1933 erklärte Baumschulenbesitzer Brons, einer der führenden NS-Mitglieder in Ihlpohl, dass der Landrat niemand finden würde, der Gemeindevorsteher in Ihlpohl werden wollte und eine größere NS-Ortsgruppe gäbe es nicht. Es wäre sinnvoll, so Brons, Kesting in seinem Amt als Gemeindevorsteher zu bestätigen.
Zu diesem Vorschlag äußerte sich der Regierungspräsident in Stade gegenüber dem Landrat des Kreises Osterholz dahingehend, dass der Landrat sich vor einer endgültigen Entscheidung nochmals mit den führenden Mitgliedern der NSDAP in Ihlpohl in Verbindung setzen sollte. Er stellte fest, dass er sich vorstellen könne diesen zu bestätigen falls Kesting von nationaler Seite das absolute Vertrauen ausgesprochen werden würde. Ausdrücklich wies der Regierungspräsident in seinem Schreiben darauf hin, dass die Tatsache, dass sich Kesting von der SPD abgewendet hätte, allein kein ausreichender Beweis für die Änderung seiner Gesinnung wäre.
Für kurze Zeit bis Ende März 1934 wurde dann der Landwirt Friedrich Dierksen zum kommissarischen Gemeindevorsteher ernannt. Der Gemeindeausschuss wurde aufgelöst, da er ausschließlich von SPD- und KPD-Mitgliedern besetzt war. Am 28.3.1934 wurde Kesting als kommissarischer Gemeindeschulze wieder eingesetzt mit der Absicht, diesen endgültig als Gemeindeschulzen einzusetzen. 4 Jahre später, im Jahr 1938, soll Kesting dann in die NSDAP eingetreten sein.
Ideen, Ihlpohl-Osterhagen aufzuteilen, Ihlpohl sollte in die Gemeinde Alt-Ritterhude und Osterhagen in die Gemeinde Stendorf eingegliedert werden mit dem Ziel, die „rote Macht“ in der Gemeinde zu brechen, kamen nicht zur Ausführung.(2)
Ende Mai 1945 übernahm die amerikanische Regierung von den Briten die Kontrolle im Landkreis Osterholz und entließ 51 von 56 Gemeindebürgermeistern (ab Dezember 1945 gehörte der Landkreis wieder zur britischen Besatzungszone). Damit war auch erstmals Kestings Arbeit als Gemeindevorsteher beendet, vermutlich wurde er interniert. In Ihlpohl gründete sich schnell eine „Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus“, in der auch Friedrich Bahlmann mitwirkte. 1945 setzte die Militärregierung den 46 jährigen Hermann Kosicke als Bürgermeister ein. (3) Ende 1948 wurde Wilhelm Kesting zum Gemeindevorsteher wiedergewählt. Sein Wirken als Gemeindevorsteher war nur von kurzer Dauer und fand ein trauriges Ende. So meldete der Weser Kurier, dass der Bürgermeister von Osterhagen-Ihlpohl verschwunden wäre. Ende März 1950 wurde Kesting tot in einem Waldstück nahe seines Wohnortes aufgefunden.(4) Beigesetzt wurde Kesting im Alter von 64 Jahren auf dem Lesumer Friedhof. U.a. würdigte Landrat Evers das 25-jährige Wirken von Kesting in der Gemeinde Ihlpohl.
(1): vgl: Ulrich Schröder, Rotes Band am Hammerand, S.80-81, Bremen 2007
(2): NLA Stade Rep.180c Nr.3289
(3) vgl: Die Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus im Landkreis Osterholz von Ulrich Schröder in: Arbeiterbewegung und Sozialgeschichte Nr.4, S.20-23
(4) Weser Kurier: 24.3.1950, Nr.70, S.8
Veröffentlicht am 28. Februar 2020